Anliegen frei?
Wenn das Schild "Anlieger frei" in unserer Allee auftaucht, wirkt es wie ein Magnet für alle, die ein 'Anliegen' haben – und offenbar auch für solche, die es gerne hätten. Es mutiert zu einem Aufruf, sich in eine urban-legale Version von Vin Diesel zu verwandeln und die Wohnstraße zur persönlichen Rennstrecke zu erklären, wo Hunde, Kinder und der gelegentliche Rentner mit Rollator bloß Staffage für den nächsten 'Fast and Furious'-Teil sind.
Man könnte meinen, mit jedem Vorbeirauschen flüstert der Fahrer: "Ich habe ein Anliegen – und das ist Geschwindigkeit!" Denn offensichtlich wird 'Anlieger frei' in unserer Allee so interpretiert, als wäre es ein geheimes Codewort, das die Pforten zur Nordschleife des Nürburgrings öffnet.
Die ironische Doppeldeutigkeit dieses Schildes eröffnet eine Welt, in der die Anwohner ihre Teetassen anhalten, um nicht von der Vibration der vorbeihuschenden PS-Monster gesprengt zu werden. Und wo sich die Eltern fragen, ob 'Anlieger frei' vielleicht auch "Freie Bahn für Anliegen aller Art" bedeutet – wie zum Beispiel das Anliegen, dass der kleine Max einmal quer über die Straße rennen kann, ohne dass Mama ein Nervenbündel wird.
So schmunzeln wir, während wir an der Allee entlangschlendern und zusehen, wie der nächste Spielberg-Verschnitt in einem Kleinwagen versucht, mit quietschenden Reifen um die Ecke zu biegen – alles im Namen eines sehr dringenden 'Anliegens'. Ja, hier auf dieser Bühne der Absurditäten ist das Anliegen König – und der gesunde Menschenverstand vielleicht nur der Hofnarr.