Wer nie ängstlich war, der musste auch nie mutig sein!
Mut entsteht, wo Angst überwunden wird
In meinen alten Erfolgstagebüchern blätternd, stolperte ich über einen Gedanken: "Hätte ich doch damals gewusst, was mir heute bewusst ist. Hätte das alles verändert? Und wäre es zum Besseren gewesen? Das bleibt ein Rätsel."
Angst hat die unheimliche Macht, uns in unseren Spuren festzunageln. Das menschliche Gehirn ist darauf programmiert, immer auf das Schlimmste vorbereitet zu sein, als eine Art Verteidigungsmechanismus. Und obwohl diese Schutzfunktion oft lebensrettend sein kann, hat sie mich in bestimmten Momenten – wie kürzlich aufgrund einer Fußoperation – in Lähmung versetzt.
Schon als Kind fühlte ich mich oft vom Leben überwältigt. Ich erlebte Dinge, die ich weder begreifen noch verarbeiten konnte und niemand war da, um sie mir zu erklären. Daher entwickelte ich die Fähigkeit, Gefühle zu verdrängen.
Habt ihr schon einmal von der Hummel gehört, die trotz der aerodynamischen "Unmöglichkeit" ihres Fliegens, dennoch fliegt? Nach den Gesetzen der Aerodynamik sollte eine Hummel mit ihrer geringen Flügelfläche im Verhältnis zu ihrem Gewicht nicht fliegen können. Aber die Hummel kennt diese Regeln nicht und hebt einfach ab.
Dort war ich also, vergleichbar mit einer am Boden verharrenden Hummel, beladen mit verdrängten Gefühlen und ohne Bewusstsein für meine eigenen Fähigkeiten. Unwissend über meine eigene Stärke und meine Fähigkeit, mich über meine Ängste zu erheben, schien mir der beste Weg, ständig gegen die Angst anzukämpfen und sie zu verbergen. Doch wie die Hummel müssen auch wir manchmal einfach unsere Flügel ausbreiten und uns erheben, ungeachtet der scheinbaren Grenzen.

Angst als ständiger Gegenspieler
Die ewige Auseinandersetzung zwischen „positiven Gedanken“ und „Angst“ war unerbittlich. Trotz meiner Bemühungen schien es, als hätte die Dunkelheit stets einen Schritt Vorsprung. Mehr als oft triumphierte die Angst.
Nach einem traumatischen Bandscheibenvorfall fühlte ich mich unfähig, Positivität zu kultivieren. Gefangen in einem Strudel aus Selbstzweifel und Sabotage verstrickte ich mich in Gedanken aus Angst, Negativität und Schmerz. So vertieft in diesem inneren Chaos, verbrauchte ich Energie wie ein Marathonläufer, nur um in meinen eigenen destruktiven Gedanken gefangen zu bleiben.
Dieses Muster führte zu Stagnation, Entmutigung und dem ständigen Unterdrücken meiner wahren Emotionen. Mit der Zeit erkannte ich, dass das Universum nicht gegen mich agiert, sondern meine inneren Zustände reflektiert. Trotz sechs Jahren des Versuchs, meiner Angst entgegenzutreten, schien es, als hätte ich eine wichtige Lektion übersehen.
Ein Wanderunfall, bei dem ich mir das Wadenbein brach und mehrere Bänder riss, brachte mich vor eine weitere Herausforderung: eine Operation und sechs Wochen Gips. Ironischerweise warf mich das direkt zurück in meine Gefühle von vor sechs Jahren. Doch diesmal stand ich besser da. Anstatt von Grund auf zu beginnen, schöpfte ich aus meinen früheren Erfahrungen und fand so einen Weg, die Dinge mit einer neuen Perspektive anzugehen.
Die Reise der inneren Heilung
Als ich nach der Operation begann, erneut zu meditieren, fühlte es sich an wie eine tiefgreifende Selbstentdeckungsreise. Die Anfänge waren aufregend, dann gab es zähe Phasen, und schließlich fühlte ich mich überwältigt von der Intensität. Die Angst versuchte kurzzeitig, mich zu übermannen, doch innerhalb von zwei Wochen fand ich zu meiner inneren Stärke zurück. Ich erkannte, dass ich niemals die am Boden liegende Hummel sein muss, sondern dass ich die Freiheit habe, jederzeit aufzusteigen – in meiner eigenen Geschwindigkeit und nach meinen eigenen Regeln.
Heute setze ich mich hin, um einen Brief an mein zukünftiges Ich zu vervollständigen, den ich vor Jahren begonnen, aber nie beendet hatte:
Liebe zukünftige Nicole,
Ich möchte dir heute eine Botschaft mit auf den Weg geben: "Lebe mutiger, lass deine Ängste los. Lausche mehr deinem Herzen und weniger deinem Verstand." Glaube fest an dich und den Pfad, den du gewählt hast. Dieses Leben wurde dir geschenkt, weil du die Stärke besitzt, es voll und ganz zu leben.
Vertraue darauf, dass alles, wonach du dich sehnst, zu dir finden wird. Denke daran, dass es immer mehrere Wege und Lösungen gibt, und lass die Liebe, nicht die Angst, darüber entscheiden, welcher Weg der richtige für dich ist.
Gönn dir Momente der Ruhe und des Genießens, ohne ständig zu bewerten, was du tust oder was andere von dir denken. Höre aufmerksam zu, wenn geliebte Menschen sprechen, denn ihre Worte bergen oft tiefere Weisheiten.
Bleib authentisch, mit all deinen Facetten, denn genau wie Diamanten sind wir nicht perfekt geschliffen, sondern einzigartig und wertvoll in unserer Form.
Und vergiss nie, den Menschen in deinem Leben Platz zu machen, die dich lieben und unterstützen möchten. Es ist okay, sich manchmal verletzlich zu zeigen.
In Liebe, Nicky.
