Viele Jahre später, in einem emotional intimen Moment mit mir selbst.
«Noémie, was zur Hölle machst du nur mit dem, was dir dein Leben bietet?», frage ich mich kopfschüttelnd. Dabei kann ich mich nicht mal im Spiegel betrachten.
Erneut stecke ich in einer heftigen Krise, doch diesmal fühlt es sich anders an. Nicht nur ein kleiner Schwächeanfall, sondern ein großes Überarbeiten meines gesamten Lebenskonzeptes. Ehrlich anzuerkennen, wie man die letzten Jahre an sich vorbeigelebt hat, schmerzt unendlich. Doch ich kann mich beruhigen: es befreit gleichzeitig ungemein.
Langsam begreife ich, was mir die Depression vermitteln möchte. Sie sagt mir, dass sie etwas anderes braucht als eine hohe Einsatzbereitschaft, eine starke Identifikation mit der Leistung oder die überhöhten, inneren Ansprüche.
Die depressiven Episoden müssen herhalten, weil ich mich so lange blind gestellt habe für die Signale meiner Seele. Sie sind weniger eine Strafe, sondern vielmehr eine Korrektur. Die Korrektur, den nächsten Entwicklungsschritt anzugehen.
So entwickelt sich der zu Beginn schmierige Kot langsam zum Dünger. Dieses Düngemittel brauche ich, um die zarten Pflänzchen meiner Träume wachsen und gedeihen zu sehen.
Warum also nicht gleich meinen Popo auf den Miststreuer schwingen und auf meinem Acker lostuckern? Aus dieser Perspektive bekommt der ganze Mist eine völlig neue Farbe.
Hellbraun zum Beispiel.